Träume
Meine schweren Albträume ab 2016, nach dem Tod meiner Mutter, waren der Grund, dass ich eine Psychotherapie begann.
Diese Albträume handelten wiederkehrend von gruseligen Kellergewölben, an die ich keine bewussten Erinnerungen habe. Widerliches Ungeziefer und böse Kreaturen aller Art hockten auf den Wänden und bedrohten mich mit bösen Augen und scharfen Zähnen. Im Keller stand immer Wasser, es lief von den Wänden herunter und verdampfte im Raum. Alles war mit Algen und Spinnweben überwuchert und es gab kaum Licht dort.
Erst gegen Ende der Therapie, kurz vor Fertigstellung meines Buches, gelang mir mit therapeutischer Hilfe, ein anderes Muster in meinen Träumen zu erkennen. Zum Schluss beschäftigte ich mich auch mit Klarträumen, um mir meiner Träume bewusst zu werden und Fähigkeiten zu entwickeln, meine Träume zu steuern. Dies ist mir bis heute leider noch nicht gelungen. Ich erkannte aber wiederkehrende Themen: Ohnmacht und Hilflosigkeit. Ein auswegloses Alleine- und Verlassensein. Ein Ausgeliefertsein gegenüber Gefühlen, Situationen, Umgebungen, Überzeugungen, Menschen, Monstern, Aufgaben. Pure Angst. An stressigen oder anders schlechten Tagen vermied ich es regelrecht, früh schlafen zu gehen, weil ich annahm, dass ich um so besser schlafen könnte, je müder ich sei. Dem war leider nicht so.
Meine Therapeutin erklärte mir das Grundmuster meiner angstvollen Träume aus der Ohnmacht und Hilflosigkeit meiner frühesten Kindheit. Ja sogar im Mutterleib hätte ich ausweglose und überfordernde Angst und Stress erlebt. Aber ich hatte wie durch ein Wunder überlebt. Sie bat mich darüber nachzudenken, ob, wann, wie und durch was oder wen im Traum Hilfe möglich sein könnte.
Wenn das so einfach wäre, dachte ich. Ich wünschte mir einen Knopf im Hirn, um diese nächtlichen Träume abschalten zu können! Ich wollte diese Träume nicht fühlen oder darüber nachdenken müssen. Eine simple Traumdeutung würde reichen, meinte ich. Ich zweifelte zutiefst, dass sich diese Träume abschalten geschweige denn bewusst erkennen oder steuern ließen. Denn das Fühlen und Nachdenken würde bedeuten, dass ich den Traum „anhalten“ können müsste, um genauer hinzuschauen. Dass ich dann im Traum „aussteigen“ und ihn von außen anschauen können müsste. Beim Klarträumen geht es eher um die gegenteilige Strategie: Das Eintauchen in den Traum. Es geht darum, unterbewusste Schattenanteile zu integrieren, die Botschaften der „Dämonen“ wahrzunehmen und anzunehmen, zuzuhören. Erst durch die Konfrontation und das „Gespräch“ mit den Dämonen in unseren Träumen wird eine Lösung möglich, erst dadurch lassen sich Konflikte abbauen und innere Wachstumskräfte entwickeln.
Berühmte Philosophen, Dichter, Schriftsteller und Psychologen haben sich über Jahrhunderte mit dem Wesen der Träume befasst und dazu eigene Überlegungen angestellt. Im Traum können wir die Gesetze der Realität (Zeit, Raum) außer Kraft setzen. Tote werden lebendig, Ereignisse werden miteinander verschmolzen oder in völlig andere Zusammenhänge gestellt, wir können Zeit und Raum vor- und zurückspulen, beliebig hin und her springen, wir können fliegen oder Portale nutzen, Situationen und Menschen heranzoomen oder wegzoomen, die eigene Gestalt wandeln, Personen und Tiere verwandeln, Ratgeber und Helfer finden. Lang vergessene Ereignisse, lang vergessene oder verstorbene Personen treten hervor, ein aktueller Konflikt verschwindet in Farben, Formen und Gestalten unserer Phantasie. Es geht dabei in allem um die Möglichkeiten des Lernens, der Erkenntnis und des seelischen Wachstums. Um die Frage, welches Echo unser waches bewusstes Leben in unseren Träumen hat und wie wir die Fragen des Lebens darin auf unsere ganz eigene Art und Weise beantworten und bewältigen. Und dieser Prozess ist ein höchst einmaliger, höchst eigener und höchst spiritueller und kreativer Prozess. Ich wünsche dies jedem Menschen, der die Hoffnung darauf aufgegeben hat, dass er/sie seine/ihre Träume findet. Mit Shakespeare: „Wir sind aus solchem Stoff wie Träume sind, und unser kleines Leben ist von einem Schlaf umringt.“
Welche Erkenntnisse hast du aus deinen Träumen gewonnen? Wie haben sie dich inspiriert und weiter gebracht?
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